Elvetino-Chef und weitere Beschuldigte verweigern die Aussage
Für den Staatsanwalt war der Fall klar - er sprach von einem «eindeutigen Ermittlungsergebnis». Die drei Beschuldigten hätten sich dreist aus dem Geschäftsvermögen der Elvetino AG bedient.
Bei dieser Geschichte reibe man sich ungläubig die Augen, hielt er in seinem Plädoyer fest. Es gehe um Geschäftsmänner alter Schule, die sich Aufträge zugeschanzt, Gewinne aufgeteilt und ihre Abschlüsse bei einem Glas Wein auf Geschäftsspesen gefeiert hätten.
Er wirft dem heute 68-Jährigen unter anderem ungetreue Geschäftsbesorgung, Veruntreuung und Betrug vor. Der Beschuldigte hatte von 2011 bis zu seiner fristlosen Entlassung im August 2017 das Gastronomie-Unternehmen der SBB geleitet.
Grosszügig aus der Firmenkasse bedient
Dabei soll er sich grosszügig aus der Firmenkasse bedient haben. Zudem soll er einen langjährigen Kollegen als externen Berater mit einem Tagesansatz von 2500 Franken angeheuert und 20 Prozent des Honorars als Kick-back zurückerhalten haben.
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Über die Firma eines weiteren Kollegen soll er zudem Gastro-Produkte aus China importiert und zu überteuerten Preisen an die Elvetino verkauft zu haben. Der Staatsanwalt beantragte für den früheren CEO eine unbedingte Freiheitsstrafe von 44 Monaten, für dessen Geschäftsfreunde bedingte Freiheitsstrafen von 24 und 18 Monaten.
Eine Stunde lang Fragen ohne Antworten
Der Richter stellte während rund einer Stunde eine ganze Liste von Fragen. Ob es stimme, dass 107'250 Franken als Kick-back-Zahlungen geflossen seien? Ob bekannt gewesen sei, dass die 100'000 importierten Becher aus China mangelhaft gewesen seien? Liessen sich monatliche Spesen von über 4500 Franken rechtfertigen?
Der ehemalige Elvetino-Boss und seine beiden Freunde - der 78-jährige Berater und der 68-jährige Importeur - machten vor Gericht jedoch von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Sie verwiesen auf ihre Auskünfte während der Untersuchung.
Einzig zu ihrer Person machten sie Angaben. Demnach sind alle drei inzwischen pensioniert, leben mehr schlecht als recht von ihren Renten und haben Schulden. Er sei nahe am Existenzminimum, hielt etwa der frühere Elvetino-Chef fest, der einst mit Bonus bis zu 300'000 Franken im Jahr verdient hatte. Auf die Frage des Richters, wie er - neben seiner amtlichen Verteidigerin - einen weiteren Verteidiger finanziere, entgegnete er wie so oft: «Keine Aussage.»
Wo «die fetten Gewinne» verblieben seien, wollte auch der Staatsanwalt wissen. Geld sei nicht aufgefunden worden - dies dürfte verprasst oder investiert worden sein. «Kriminalität darf sich nicht lohnen», hielt er fest und verlangte, dass die drei Beschuldigten dem Staat zwischen 100'000 und 300'000 Franken zurückzahlen.
Beweise laut Anwältin nicht verwertbar
Das Verteidigungsteam des früheren Elvetino-Chefs wies diese Forderungen ebenso zurück wie alle Vorwürfe. Sie verlangten einen Freispruch für ihren Mandanten. Dieser sei ein CEO, der für sein Unternehmen das Beste gewollt habe, so die Verteidigerin.
So habe er nicht, wie es die Anklage suggeriere, einfach einem alten Kumpel mit Seefahrervergangenheit einen Auftrag zugeschanzt. Er habe sich vielmehr an eine Person mit der nötigen Fachkompetenz gewandt, die er im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit kennengelernt habe.
Zudem bezeichnete die Verteidigerin die Beweise als unverwertbar. Die Anklage beruhe auf Untersuchungen, die die SBB intern hätten durchführen lassen. Die SBB hätten dazu höchstpersönliche Nachrichten, Anwaltskorrespondenz und medizinische Unterlagen widerrechtlich gesichert, gesichtet und ausgewertet.
Die Verhandlung wird am Donnerstag weiteren Plädoyers fortgesetzt. Wann das Gericht das Urteil eröffnet, ist noch unklar.
(sda/joe/zor)