So ärgern sich unsere Moderatorinnen und Moderatoren über sich selbst
Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern haben Günther Jauch schon im Fernsehen gesehen. Bereits seit 23 Jahren moderiert der deutsche Quizmaster die Sendung «Wer wird Millionär?». Wer jetzt denkt, dass sich Jauch selbst unzählige viele Male auf der Mattscheibe gesehen hat, täuscht sich gewaltig.
Seine Sendungen guckt Jauch im Nachhinein nicht mehr an. «Wenn ich nachher sehe, wie ich gestikuliere, wie ich schief sitze, wie ich Sätze nicht zu Ende bringe. Dann bin ich nicht mit mir zufrieden. Und um mir da nicht unnötige Komplexe zusätzlich aufzuhalsen, schaue ich mir meine Sendung nie an», verriet er kürzlich «RTL-News».
«Die Liste ist fast endlos»
Auch die Moderatorinnen und Moderatoren von TeleZüri machen keine Freudensprünge, wenn sie sich selbst über den Bildschirm flimmern sehen. Die Liste der Dinge, die er im TV nicht an sich möge, sei fast endlos, sagt Oliver Steffen, Moderator von «TalkTäglich» und «SonnTalk». «Manchmal sind es Gesten, manchmal ist es die Mimik, manchmal sind es auch verpasste Momente, um jemanden zu unterbrechen oder nachzufragen. Die Palette ist da sehr gross», führt er aus.
Wenn man die Sendung in echt erlebt habe und sie danach mit der Kameraperspektive anschaue, sehe man sofort x Dinge, die nicht gut gewesen seien, erklärt Oliver Steffen. «Auch wenn die Zuschauerinnen und Zuschauer das meiste davon gar nicht sehen, sehen sie dafür anderes.» Er könne Günther Jauchs Abneigung, sich selbst am TV zu sehen, gut nachvollziehen. «Ich glaube – auch wenn ich himmelweit weg von Günther Jauch bin – mit viel Erfahrung ist es keine Lust mehr, sich im TV zu sehen. Zu Beginn war das anders und es überwog die Freude.»
«Ich finde mein Lächeln irgendwie schief»
Ähnlich ergeht es «ZüriNews»-Moderatorin Tina Biedermann. Sie sehe sich nicht besonders gerne am TV, aber nach 20 Jahren Berufserfahrung habe sie sich langsam daran gewöhnt, erzählt sie. «Ich nehme mich von ‹innen› anders wahr als von ‹aussen›; sprich: Ich finde meine Stimme doof, mein Lächeln irgendwie schief, mein Make-up zu stark ...» Ihre Stimme möge sie an sich gar nicht. Auch ist sie der Meinung, dass sie auf der Mattscheibe viel älter aussehe, als sie sich fühle «oder mir wünschte?».
Auch Nico Nabholz, Moderator der «ZüriNews», kann Günther Jauchs Problem «durchaus nachvollziehen». Er sehe sich grundsätzlich nicht besonders gerne im TV, habe jedoch auch kein Problem damit, sagt Nabholz. Normalerweise schaue er, falls möglich, jede seiner Sendungen im Nachhinein nochmals an und achte auf Elemente und Details, die er korrigieren oder zumindest optimieren könnte. «Gar nicht mag ich zum Teil meine Gestik und immer meine Stimme – diese kann ich heute noch nicht anhören, ohne dass ich mich ein wenig fremdschäme.»
«Immer hautnah am Puls der Zeit»
Die Moderatorinnen und Moderatoren könnten mit ihrer Abneigung, sich selbst am Bildschirm zu sehen, den Eindruck erwecken, den falschen Beruf gewählt zu haben. Dem ist aber nicht so. Oliver Steffen erklärt: «Es ist ein grosses Privileg, Menschen zu unterhalten und zu informieren über relevante und spannende Themen. Das ist die Essenz und nicht, dass ich oder mein Gesicht im Fernsehen zu sehen ist.»
Ähnlich sieht es Nico Nabholz: «Der ganze Spass, die Aufregung, welche der Moderatorenjob mit sich bringt, dass man in den News immer hautnah am Puls der Zeit ist und den Zuschauerinnen und Zuschauern ein Stück Realität vermitteln kann: Darum arbeite ich immer noch sehr gerne als Moderator.»
Und warum liebt Tina Biedermann trotz allem ihren Moderationsjob? «Weil es sich so ergeben hat», sagt sie. Ursprünglich habe sie nie vor eine Kamera stehen wollen, das Schreiben habe sie viel mehr interessiert. «Als ich Mitte zwanzig aber die Gelegenheit erhielt, TV-Erfahrungen zu sammeln, machte mir der VJ-Job wider Erwarten grossen Spass.» Als dann eine Moderationsstelle frei geworden sei, habe sie es einfach mal versucht. «Dass ich News-Inhalte kurz und verständlich vermitteln kann, gefällt mir sehr an diesem Beruf.»
«Manchmal rede ich zu schnell»
Auch die Moderatorinnen und Moderatoren von Radio 24 können sich über den eigenen Auftritt nerven. Es könne vorkommen, dass sie etwas aufzeichnen müssten und es dann zu einem späteren Zeitpunkt effektiv so im Radio hörten, sagt «Ufsteller»-Moderator Luca Carecci. «Dann, muss ich ehrlicherweise sagen, bin ich sehr oft unzufrieden oder nicht 100 Prozent happy. Weil im Nachhinein findet man immer etwas, das man hätte besser machen können. Oder ich finde, ich habe zu laut oder zu leise gesprochen. Oder zu schnell.»
«Radio 24»-Moderator Ralph Steiner kennt den Ärger. «Manchmal rede ich zu schnell, bin zu zackig unterwegs, habe zu wenig Ruhe in Moderation und Stimme. Das nervt mich dann schon», verrät er. Mittlerweile wisse er, was er könne. «Deshalb ist es kein Problem, wenn ich mich selber höre.»
Für «Radio 24»-Moderatorin Pia Gerteis steht fest: «Ich glaube, dass viele Moderatorinnen und Moderatoren sich selbst gerne hören, sonst wären sie im falschen Beruf.» Zum Beispiel kenne sie in ihrer Branche viele, die gerne ihre Sprachnotizen auf WhatsApp nochmals abhörten, weil es ihnen so Spass mache. «Und ja, da zähle ich mich auch dazu.» Auch Luca Carecci sagt, er höre sich selbst gerne am Radio. Er erklärt dies mit einem Zitat des ehemaligen Radiomoderators Stefan Büsser: «Wir Radiomoderatorinnen und -moderatoren sind alle ein klein wenig Narzissten.»