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«Schlimmer als die Pandemie»: Baustellen in Zürich vertreiben dem Gewerbe Kunden

In Zürich häufig anzutreffen: Baustellen (Symbolbild).
Foto: Tommy Durrer
Zürcher Gewerbe

«Schlimmer als die Pandemie»: Zürcher Baustellen vertreiben Kunden

Baustellen machen dem Zürcher Gewerbe das Leben schwer. Sie vertreiben die Kundschaft und bringen Unternehmen in finanzielle Engpässe. Schadenersatz von der Stadt zu erhalten, ist schwierig. Die Politik fordert Unterstützungszahlungen.

«Wenn der Bagger loslegt, will keiner mehr einen Espresso trinken», sagt der Wirt Luca Messina gegenüber der «NZZ». Messina betreibt ein Restaurant und eine Weinhandlung im Zürcher Seefeld. Vor seiner Tür wird gerade die Strasse aufgerissen. Dies bereitet ihm derart Probleme, dass er bereits schweren Herzens jemanden entlassen musste.

Wie er gegenüber der «NZZ» schildert, sei der Umsatz im letzten Monat im Schnitt um 40 Prozent zurückgegangen. Während er während der Pandemie zumindest Unterstützung vom Staat erhalten hatte, wurde sein jetziger Antrag auf Kurzarbeit abgelehnt. Baustellen würden zum Unternehmensrisiko dazu gehören.

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Auch Bäckereien haben Mühe

Messina ist mit seinen Problemen nicht alleine. Nicht nur die Restaurantbesucher lassen sich von Bauschutt und Lärm vertreiben, sondern auch Bäckereikunden. Fatmir Guci von der Bäckerei Oski Kuhn an der Badenerstrasse musste ebenfalls Umsatzeinbussen von 50 Prozent verzeichnen. Wie er dem «Tagesanzeiger» erzählte, musste er seinen beiden Mitarbeitern künden. Die Stadt habe ihm zwar geraten, von seinen finanziellen Reserven Gebrauch zu machen – diese seien jedoch bereits aufgebraucht.

TeleZüri berichtete über den Fall:

Chancen auf Schadenersatz stehen schlecht

Wie das Tiefbauamt Zürich gegenüber der «NZZ» sagt, sei die Aussicht auf Schadenersatz gering. Gewerbetreibende müssten damit rechnen, dass die Strasse vor ihrem Geschäft irgendwann einmal saniert werde.

Auch die Rechtsprechung in solchen Fällen sei streng. So gebe es nur dann eine Entschädigungspflicht des Gemeinwesens, wenn eine Übermässigkeit der Bauimmissionen und ein beträchtlicher Schaden gegeben seien.

Zu Gerichtsurteilen kam es bereits in ähnlichen Fällen: Der «Zopf-Beck» von Reto Hausammann forderte von der Stadt Zürich einen Schadenersatz von 170'000 Franken wegen einer Baustelle vor seiner Bäckerei im Zürcher Kreis 6. Wie der «Tagesanzeiger» schreibt, wurde diese vom Verwaltungsgericht abgewiesen und ist nun vor Bundesgericht hängig.

Hilfe aus der Politik

Wie die «NZZ» schreibt, will die FDP nach den Sommerferien eine Motion im Stadtzürcher Parlament einreichen, welche Unterstützung für betroffene Gewerbler vorsieht. «Wenn der Staat mit seinen Arbeiten die Umsatzeinbussen verursacht, dann sollte er dafür auch eine Entschädigung bezahlen», so Präsident der Stadtzürcher FPD Përparim Avdili gegenüber der Zeitung. Wer genau mit wie viel Geld entschädigt werden soll, ist hingegen noch unklar. Wie das Onlinemagazin «Tsüri» schreibt, unterstütze auch die Stadtzürcher SP solche Ausgleichszahlungen.

Hilfe aus dem Quartier

Fatmir Gucis Bäckerei erhält seit Neustem grosse Unterstützung aus dem Quartier. Wie der «Tagesanzeiger» schreibt, haben seine Hilferufe über die Medien auch Wirkung gezeigt. Neben Flugblättern, die auf seine Bäckerei aufmerksam machen, haben sich auch Influencer für ihn eingesetzt, wie beispielsweise der Food-Influencer Noah Bachofen.

Während es für die Bäckerei Oski Kuhn in Zukunft wieder bergauf gehen könnte, stehen andere Gewerbe mit den Problemen der Baustellen noch immer alleine da. Auf Luca Messina wartet im September mit der Rad-WM in Zürich - und der damit verbundenen Strassensperrungen im Seefeld - auch gleich die nächste Herausforderung.

(ema)

Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 30. Juli 2024 14:19
aktualisiert: 30. Juli 2024 14:19