Franz Carl Weber will Kids jetzt mit Schoggi verrückt machen
Eltern, die sich von ihren Kindern in den Franz Carl Weber schleppen lassen, müssen jetzt doppelt auf der Hut sein. In der Filiale am Zürcher Bahnhofplatz versuchen beinahe so viele Süssigkeiten, Schleckwaren und Snacks wie Spielzeug die kleine Kundschaft zu verlocken.
Im Parterre inmitten von Partyartikeln und Spielfiguren stapeln sich Packungen mit Schoggi-Lebkuchen. Unweit davon bietet der Spielwarenladen neben Disney- und Pokémon-Kissen unter dem Logo der Drogeriemarktkette Müller Boxen voller Chips und Schleckwaren an.
Einen Stock weiter oben dürften sich Kundinnen und Kunden für einen kurzen Moment in einer Migros-Filiale statt «im Franzki» wähnen: Ein niedriges Regal voller Guetzli und Pralinés der Marke Alnatura will Kindern das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen.
«Auch bei Franz Carl Weber sollte Gesundheit Rolle spielen»
Die Aargauer Mutter, Ernährungsberaterin und Bloggerin Moana Werschler alias «Miss Broccoli» schüttelt nur den Kopf. «Es ist schon genug schwierig, mit einem Kind in einen Spielwarenladen zu gehen, wenn es jedes zweite Spielzeug haben will», sagt die Mutter eines fünf- und eines achtjährigen Sohns. Das Süssigkeiten- und Snackangebot im traditionellen Spielwarenladen hält die Mutter für eine «fiese Marketingstrategie». Alles, was farbig und nach Schleckwaren aussehe, ziehe Kinder an. «Dabei ist der Zuckerkonsum von Kindern in der Adventszeit für Eltern sowieso schon eine Gratwanderung.»
Werschler kritisiert das verzuckerte Spielwarengeschäft. «Auch bei Franz Carl Weber sollte die Gesundheit von Kindern eine Rolle spielen.» Zudem zeichneten Spielsachen und nicht Süssigkeiten das Geschäft aus.
«Bitte getrocknete Früchte»
Die Haare zu Berge stehen Wirtschaftspsychologe Christian Fichter. Er bezeichnet das Angebot als verantwortungslos und verwerflich. «Franz Carl Weber spielt mit den Geschmackspräferenzen von jungen Konsumenten, die ihre Impulse noch nicht steuern können.» Franz Carl Weber habe mit der Quengelware hier offensichtlich das billigste Umsatzmotiv gewählt. «Sowas sollte man boykottieren. Ich hoffe, dass Eltern mit ihren Kindern das Geschäft meiden.»
Fichter vermutet, dass der Spielwarenladen wegen der Konkurrenz der Online-Shops eine neue Schiene fährt. «Aber dann bitte mit getrockneten Früchten wie Äpfeln, Bananen und Datteln oder Gemüse», fordert er.
Baldiges Ende des Spielwarenladens?
Die Drogeriemarkt-Kette Müller liess eine Anfrage der Redaktion am Donnerstag unbeantwortet. Im Juli übernahm die Müller Handels AG Schweiz das traditionsreiche Spielzeugunternehmen. Laut der «Handelszeitung» könnte das neue Sortiment erst der Anfang eines stärkeren Auftritts der Kette sein. Angeblich soll eine Umwidmung ganzer Abteilungen auf das Drogeriesortiment von Müller die nächste Stufe sein. Demnach bleiben die Flächen bis Weihnachten noch für Spielwaren reserviert.
Ab kommendem Frühling soll der Umbau in grösseren Filialen wie Zürich starten. Sollte dies tatsächlich eintreffen, wäre dies das Ende eines Spielwarengeschäfts, das die Augen vieler Generationen von Kindern zum Leuchten brachte.