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Ars Longa Zürich schliesst nach 30 Jahren

Lädelisterben

Zürcher Traditions-Shop Ars Longa schliesst nach 30 Jahren

Wer beim Zürcher Hauptbahnhof nach einem Last-Minute-Geschenk sucht, hat dafür eine Adresse weniger. Den Shop Ars Longa gibt es nicht mehr. Ein Schicksalsschlag zwang Inhaber Fredi Keller, den Laden aufzugeben. «Ich musste handeln», sagt er.

In der Adventszeit platzte Ars Longa jeweils aus allen Nähten. Im Shop am Zürcher Bahnhofplatz quetschten sich die Kundinnen und Kunden durch die Abteile voller Gadgets, Einrichtungsgegenstände und Papeterieartikel, um nach kreativen Geschenken zu stöbern. Dazu kamen Last-Minute-Shopper, die nach verzweifelter Suche in 0815-Sortimenten dort die letzte Hoffnung für das ultimative Weihnachtsgeschenk sahen.

Diese Szenen werden sich nicht wiederholen. Seit Ende Mai ist der Zürcher Traditions-Shop geschlossen. Fredi Keller führte Ars Longa während 30 Jahren. Ein Schicksalsschlag zwang ihn dazu, den Laden aufzugeben.

Der 62-Jährige unterzog sich 2023 einer Bypass-Operation. «Ich war in der Reha danach und alles ging super», sagt er zu ZüriToday. Als er wieder zu Hause war, kam es zum tragischen Unfall. «Ich rutschte auf dem Weg ins Schlafzimmer aus und erlitt einen Schädelbruch.» Zwei Wochen sei er im Koma gewesen. Als er aufgewacht und einigermassen zu sich gekommen sei, habe er gemerkt, dass er jetzt handeln müsse. «Sonst wären meine tollen Angestellten im Seich gewesen», sagt Keller. Schweren Herzens habe er entschieden, den Laden aufzugeben.

Höhere Miete

Der Mietvertrag für das Geschäft wäre 2029 ausgelaufen. Die Ärzte hätten ihm abgeraten, eine Nachfolge zu suchen, sagt Keller. «Das Ganze wäre für mich zu diesem Zeitpunkt zu stressig gewesen.» Die Suche hätte sich nicht leicht gestaltet. Der Mietzins schlug um 50 Prozent auf. Keller hätte das Geschäft bis zum Ende seines Vertrags zwar noch für 20'000 Franken mieten können. «Die Nachfolge hätte aber gegen 30'000 Franken Miete bezahlen müssen.»

Auch hätte er damit rechnen müssen, dass die Nachfolge «auf die Nase fällt», was er seinem tollen Personal nicht zumuten wollte.

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Am 5. Juni fand im Laden ein Räumungsverkauf statt. Ganz Schluss ist mit Ars Longa aber nicht. Online gibt es den Shop weiterhin.

«Sowas in Zürich wird es nie mehr geben»

Keller arbeitete früher als Möbeleinkäufer für das Warenhaus Globus. «Ich hatte immer Lust, mich selbständig zu machen und etwas ganz Neues anzubieten», sagt er. Ars Longa ist Lateinisch und bedeutet auf Deutsch «lange Kunst». Ein unverwechselbarer Name sei ihm wichtig gewesen, sagt Keller. «Mit Ars Longa fanden mein damaliger Geschäftspartner und ich einen abstrakten und zeitlosen Namen.»

Trauer verspürt Keller zurzeit nicht. Sein Gefühl sei durchzogen, sagt er. «Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, das Ganze zu verarbeiten, da es bis zur Schliessung so viel zu erledigen gab.»

Anders geht es den Kundinnen und Kunden. Viele trauern in Kommentaren auf Social Media ihrem «Lieblingsladen» nach.

Jemand schrieb: «Der Laden war wie ein Erlebnispark – überall so tolle Sachen. Wenn ich da war, blieb ich Minimum 1h! und ich hab so so viel gekauft.» Und bei Besuchen sei sie immer wieder gefragt worden, woher sie die Sachen habe. «Auch für Geschenke wurde ich immer fündig.» Die Lage sei optimal und das Team stets freundlich gewesen, schwärmt sie weiter.

Andere Ars-Longa-Fans vermissen inspirierende Läden in Zürich. «So eine traurige Nachricht! Ihr Geschäft war für mich jahrelang eine Quelle der Inspiration und der Kreativität. Sowas in Zürich wird es nie mehr geben. Danke für die schöne Zeit», schrieb eine Stammkundin.

Tatsächlich scheinen die Chancen klein, dass erneut ein Laden für kreative Last-Minute-Geschenke in das leere Lokal einziehen wird. «Ich rechne eher mit einer Bank», sagt Fredi Keller.

Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 1. Juli 2024 16:58
aktualisiert: 1. Juli 2024 16:58