Bouillon to go: Der US-Trend könnte auch bald in die Schweiz schwappen
Bouillon macht stark und gesund. Das wissen wir nicht erst seit der letzten Erkältung, sondern von Kindsbeinen auf. Das Bild der Grossmutter, die in der Küche stundenlang ein Suppenhuhn und viel Gemüse in einem riesigen Topf auskochen liess, hat sich in unser Gedächtnis gebrannt. Die Vorteile der Kraftbrühe – vorausgesetzt, sie ist selbst gemacht, denn fixfertige Bouillon-Würfel und Instant-Produkte enthalten zu viel Salz und Konservierungsstoffe – sind nicht von der Hand zu weisen: Die darin enthaltenen Aminosäuren machen fit und beugen Grippe vor, der hohe Kollagen-Anteil ist gut für die Gelenke und die Haut, und für schöne Haare sorgen zahlreiche Mineralstoffe. Auch auf den Cholesterinspiegel hat die Bouillon positive Auswirkungen.
Ihre Bouillon löffeln die Schweizer traditionell in der heimischen Stube. Entweder pur, oder sie verwenden sie als Grundfonds für Suppen und Saucen, aber auch für Risotto und weitere Gerichte. Um morgens in die Gänge zu kommen, trinken wir derweil Kaffee in allen erdenklichen Variationen oder frisch gepresste Säfte und Smoothies. Am liebsten «to go», im Becher zum Mitnehmen.
Bald schon könnte sich die Bouillon dazugesellen. Was in New York seinen Anfang nahm, ist bei vielen ernährungsbewussten Amerikanern das Morgengetränk der Stunde: die «bone broth to go», die Knochenbrühe zum Mitnehmen. Den Trend angerührt hat der italienische Starkoch Marco Canora. 2015 begann er in seinem Restaurant Hearth im New Yorker East Village, seine hausgemachte Knochenbrühe aus Biofleisch übers Küchenfenster im Pappbecher zu verkaufen – mit Wahnsinnserfolg. Zu Hunderten standen und stehen die Leute an, um sich morgens mit dem heissen, salzigen Getränk auf dem Weg zur Arbeit zu stärken. Heute verkauft Canora seine Suppe nicht nur über das «Brodo»-Fenster, sondern macht auch Heimlieferungen und hat mit «A Bone Broth Cookbook» ein Kochbuch herausgebracht. Kaffee, so heisst es, sei in New York out. Dasselbe gilt für Säfte und Smoothies: Sie enthalten zu viel Zucker.
Gut für den Schweizer Winter
Der «Souping»-Trend ist nun im Begriff, Europa zu erobern. In Amsterdam oder London bieten immer mehr Restaurants ähnliche Konzepte an, auch frühmorgens. In der Schweiz sind Suppen-Bars zwar auch der Renner, etwa das «so’up» in Basel oder das «Simply Soup» in Zürich – die Nachfrage nach einem ähnlichen Angebot wie jenes von Canora in New York hat man hier allerdings noch nicht festgestellt. So sagt etwa Natalie Kaden von so’up: «In der Schweiz braucht es jeweils etwas länger, bis Food-Trends aus Amerika ankommen.» Zudem würden die Schweizer die Vorteile einer Bouillon längst kennen. Trotzdem zieht Kaden nun in Betracht, ab Herbst eine Fleisch- und eine vegane Variante in ihren drei Filialen anzubieten: «Einen Versuch ist es allemal wert.»
Auch für das Zürcher Pendant «Simply Soup» wäre es «ein Leichtes, es auszuprobieren, da wir als Basis für unsere Suppen sowieso eine eigene Bouillon produzieren», sagt Geschäftsinhaberin Assem Klammsteiner. «Es ist auf jeden Fall eine gute Idee, weil Bouillon so gesund sein kann. Vorausgesetzt, sie ist selbst gemacht.»
Coop und Migros winken ab
Die Detailhändler Coop und Migros sehen derweil davon ab. Coop-Sprecherin Andrea Bergmann sagt: «Wir verfolgen den Trend mit Interesse. Viele unserer Kunden kaufen Suppe für unterwegs; die Nachfrage nach klaren Suppen ist dabei aber eher gering.» Die Migros informiert auf Anfrage, dass unter der Marke «Migros Daily» zwar warme Getränke angeboten werden und viele interne Diskussionen zum Sortiment laufen. «Es kann gut sein, dass auch Bouillon dort einmal als Thema gespielt wird», sagt Sprecherin Monika Weibel. Aktuell liege aber kein Beschluss in die Richtung vor.
Wer nicht warten mag, bis er das frische Kraftpaket endlich im Pappbecher kaufen kann, sollte sich an den Herd stellen und sein eigenes Süppchen kochen. Die Zubereitung einer Bouillon ist zwar zeitaufwendig, aber nicht kompliziert, und erst noch preisgünstig. Und selbst gemachte Brühe lässt sich bis zu einem Jahr portionenweise tiefkühlen. Damit ist man bei den ersten Erkältungsanzeichen bestens gerüstet.
von Rahel Koerfgen