Die schönsten Flecken rund um den Säntis
Wie nur kommt der alte Waldstätter Bahnhof in einen Wald in Urnäsch? Es war eine kurze Notiz in einer Broschüre mit einer groben Wegbeschreibung, die Silvia Schaub auf den Ort aufmerksam machte – und sogleich ihre Neugier weckte. Den Brunnen auf der Gross Gerstengschwend in Urnäsch fand sie ziemlich schnell. Aber welchen Weg muss sie nun einschlagen, um ans Ziel zu gelangen? Die Reisejournalistin stieg über die Matte zum Waldrand. Aber leider zu weit nach links. Zweiter Versuch. Endlich fand sie den Weg und später auch die kleine Treppe, die sie direkt in eine herrliche Lichtung führte. Und da steht das gesuchte Objekt im Niemandsland: einsam und verlassen, ohne Gleise. Die Geschichte dahinter gibt es im Buch «111 Orte rund um den Säntis, die man gesehen haben muss».
Zusammen mit Co-Autorin Nina Kobelt ist Silvia Schaub «rond om de Sentis» zuhauf auf solch wundersame Geschichten gestossen. Die Gegend um den markanten Berg in der Ostschweiz ist gesegnet mit einer bezaubernden Naturkulisse und reizvollen Ecken, die entdeckt werden wollen. Wieso es sie gerade in diese Gegend verschlagen hat? Für Nina Kobelt ist es ein Heimspiel, sie ist in Wattwil im Toggenburg aufgewachsen. Den Säntis nahm sie in Gedanken mit, als sie nach der Schulzeit das Toggenburg Richtung Westen verliess. Und Silvia Schaub pendelt seit sechs Jahren zwischen dem Mittelland und dem Toggenburg, dort mit direktem Blick auf den Säntis.
Satt gesehen hat sie sich an diesem Berg, der unter Napoleon einst Namensgeber für einen Kanton war, noch längst nicht. Und auch nicht an den lieblichen Hügellandschaften, den schroffen Felswänden und den tiefblauen Bergseen um den Säntis. Zu zweit sind sie in diese Welt eingetaucht – mit unterschiedlichen Sichtweisen. Während Nina Kobelt die Welt rund um den Säntis mit einem manchmal verklärten Blick der Einheimischen betrachtet, kann Silvia ihrer neuen zweiten Heimat mit unbelasteter Neugier begegnen.
Der Säntis sei das Gesicht des Alpsteins, sagt man. Aber der 2502 Meter hohe Gipfel mit seiner exponierten, solitären Lage ist weit mehr: Wetterberg, Leuchtturm und Aussichtsziel. Erhaben fühlt sich, wer auf dem Gipfel steht: das Rheintal, der Bodensee und die Alpenkette in der Ferne, gleich zu Füssen die sanften Hügel mit den bewaldeten Kuppen und ihren Streusiedlungen, die diese Gegend so einzigartig machen. Wieso hier die Häuser so verstreut stehen, hat vielleicht tatsächlich mit der Legende vom Riesen zu tun, der einst mit einem Sack voller Häuser durchs Toggenburg und Appenzellerland zog und hie und da eines durch einen Riss im Sack verlor.
Die Zeit ist hier dennoch nicht stehen geblieben, auch wenn die Region gelegentlich als Disneyland oder «grosses Freilichttheater» bezeichnet wird. Hier leben innovative Unternehmer wie die Rasenmacher aus Urnäsch oder die Vegi-Pioniere aus Ebnat-Kappel, fingerfertige Handwerker wie der Ziseleur Roger Dörig aus Appenzell oder der Hackbrettbauer Johannes Fuchs aus Meistersrüte und warmherzige Beizer wie die Specks von der «Krone» in Hundwil oder die Kollers vom Bergrestaurant Gamplüt in Wildhaus. Sie haben ihre Spuren hinterlassen, an überraschenden, skurrilen oder einfach wunderschönen Orten.
111 Orte rund um den Säntis, die man gesehen haben muss, Nina Kobelt und Silvia Schaub, 240 Seiten, Emons Verlag, ISBN 98-3-7408-0550-0, ca. Fr. 25.-