Zügelfirma wirbt mit Schwizerdütsch – Zürichbergler fahren darauf ab
Auf Französisch, Italienisch oder Spanisch bestellen sie einen Kaffee und der Kellner antwortet darauf – in gebrochenem Deutsch oder Englisch: Solche Momente erleben Schweizer Touristen, die im Ausland ihre Fremdsprachenkenntnisse zum Besten geben wollen, oft. Ähnlich betupft war Dionis Basha früher regelmässig bei seiner Arbeit.
Seit 2019 betreibt er das Zürcher Zügelunternehmen The Basha's GmbH. «Ich hatte immer wieder Kunden, die mit mir am Telefon von vornherein Hochdeutsch sprachen, obwohl ich Züridütsch spreche», sagt Basha, der in der Schweiz geboren ist und kosovarische Wurzeln hat. «Oft musste ich die Kunden im Gespräch unterbrechen, um sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie mit mir im Fall schon Schweizerdeutsch reden könnten.»
Der Zügelunternehmer vermutet den Grund in seinem Nachnamen. «Es ist aber auch so, dass das Zügelpersonal in vielen Unternehmen oft kaum Deutsch und schon gar kein Schweizerdeutsch spricht.» Darin entdeckte Basha eine Marktlücke. In seinen Inseraten wirbt er deshalb mit einem «Schweizerdeutsch sprechenden Top-Team».
«Möbelstücke in sicheren Händen»
Warnungen von Kunden wie «Achtung, cha verscherble!» oder «Stelled Sie de Chaschte bitte det näbeds Gstell» sollen Bashas Zügelmänner demnach problemlos verstehen. «Ich habe in meiner Karriere gemerkt, dass viele Kunden Wert darauf legen, mit dem Zügelpersonal Schweizerdeutsch sprechen zu können», sagt der Inhaber. So müssten sie sich nicht verstellen. «Dies gibt manchen Kundinnen und Kunden das Gefühl, ihre Möbelstücke beim Transport in sicheren Händen zu haben.»
Die Nachfrage nach dem Zügel-Angebot im Dialekt ist nicht überall gleich hoch. Vor allem Kundinnen und Kunden aus dem Zürichberg, der Goldküste oder dem Seefeld buchten sie wegen der Sprache, sagt Basha. «Studenten zum Beispiel ist egal, ob wir Schweizerdeutsch beherrschen oder nicht.»
Die meisten Zügelmänner in Bashas Team sind albanischer Muttersprache. Einen Schweizerdeutsch-Test oder Ähnliches mussten sie aber nicht absolvieren. «Sie sprachen bereits Schweizerdeutsch», sagt er. Ohnehin würde er nur solche Kandidaten einstellen.
Taxifahrer-Deutsch reiche
Unternehmens- und Personalberater Matthias Mölleney beeindruckt der Werbeslogan wenig. Zürich und Umgebung sei als Wohnort für viele Expats attraktiv. «Da wäre doch eher englischsprechendes Zügelpersonal marketingmässig cool», vermutet er. Schreibe das Personal Kisten an, sei es hingegen hilfreich, wenn es zumindest Hochdeutsch verstehe und schreiben könne. «Bei einem Umzug mit einem Zügelmann, der eine Art Deutsch sprach, konnte ich nicht mehr entziffern, welches Zimmer er auf die Kiste geschrieben hatte.»
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Mölleney kann sich vorstellen, dass ältere Menschen zum Beispiel beim Umzug ins Altersheim froh sind, wenn sie mit dem Personal in ihrer Muttersprache schwatzen können. Der Rest der Kundinnen und Kunden begnüge sich auch mit gebrochenem Deutsch, vermutet er. «Auf diesem Taxifahrer-Niveau kann doch fast jeder Zügelmann reden», sagt er überzeugt.
Beim Zügeln vertrauen die Kundinnen und Kunden dem Personal wichtige Gegenstände an. Laut Mölleney kann hinter Zügelunternehmen, die explizit mit den Sprachkenntnissen werben, auch reines Marketing stecken. «Damit können sie die Botschaft vermitteln, ehrlich und sauber zu sein und alle anderen Unternehmen in einen Topf werfen.» Darauf hindeuten könnte etwa, wenn sich die Firma auf ihrer Website auch als besonders ehrlich oder Ähnliches anpreise.