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«Hilfe, ich bin kein Swiftie!» – Hype um Konzerte von Taylor Swift in Zürich

Konzerte in Zürich

Hilfe, ich bin kein Swiftie! Taylor Swift lässt mich kalt

US-Superstar Taylor Swift gibt zwei Konzerte. Dafür stellt sie diese Woche die ganze Stadt Zürich auf den Kopf. Mir sind die Sängerin und ihre Hits egal – trotz aller Bemühungen.

Diese Woche regiert ein US-Superstar in der Stadt Zürich: Taylor Swift. Im Rahmen ihrer beiden Konzerte im Letzigrund sperrt die Stadt Strassen ab und verhängt Fahrverbote. Selbst den Abfall lässt die gepützelte Stadt hochoffiziell wegen Swift im Notfall liegen.

Hotels von Zürich bis in den Aargau sind seit Wochen ausgebucht. Schon seit Tagen aus dem Häuschen sind nicht nur die Fans, die sogenannten Swifties. Auch Tourismus und Gastronomie sind im Swift-Fieber. Zürich Tourismus benannte einzelne Stadtkreise nach einem Album der Sängerin. Restaurants planen extra Taylor-Swift-Menüs und halten die Swifties mit ihrem Lieblingssound bei Laune. Sogar das Tonhalle-Orchester ist dem Swift-Hype erlegen und stimmte sich mit einem Cover auf die Konzerte ein.

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Zürich ist eine Woche lang im Ausnahmezustand. Ich stehe kopfschüttelnd am Rande und würde am liebsten schreien: «Hilfe, ich bin kein Swiftie!». Der Swift-Funke will bei mir nicht überspringen. Ihre Hits lassen mich kalt oder noch schlimmer: Sie gehen mir auf den Wecker.

«Bloss nervige Déjà-vus»

Dieses Fazit erlaube ich mir, nachdem ich der Musik der Country- und Popsängerin aus Pennsylvania kürzlich nochmals eine grosse Chance gegeben habe. Ich fasste neuen Mut und hörte mich durch einige ihrer Alben. Ob «Me!» oder «Anti-Hero» – in den meisten Fällen hatte ich bloss nervige Déjà-vus. Radio, TV und Shops hatten mich schon zu oft mit den Songs beschallt. Besonders beunruhigend: Das machen auch viele andere und teilweise sogar als offiziell nervig abgestempelte Songs – allerdings ohne bei mir denselben lästig faden Beigeschmack auszulösen.

Eigentlich hätte Taylor Swift alles, was mich begeistern könnte. Ich zähle mich nicht zu den Menschen, die aus einer bestimmten musikalischen Ecke kommen und mit massentauglicher Musik nichts am Hut haben. Genauso gut kann ich verstehen, wie es ist, einen Star anzuhimmeln: Würde King of Pop Michael Jackson noch leben, würde ich alles tun, um ein Konzert von ihm besuchen zu können.

Neuer Anlauf mit Songtexten

Gleich aufzugeben würde einem Star, der die sonst so brave Zwingli-Stadt auf den Kopf stellen kann, aber nicht gerecht. Hoch rechne ich Swift auch an, dass es an Unis Seminare und Kurse über ihre Songs gibt.

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Ich nahm einen neuen Anlauf, indem ich mir ihre Songtexte anschaute. Ein bekennender Swiftie schrieb im «NZZ Folio», dass Taylor Swift für die Fans nicht primär eine Sängerin sei, sondern eine Autorin «mit der aussergewöhnlichen Gabe, die Facetten eines Gefühls in alltäglichen Details und reichhaltigen Metaphern festhalten zu können». Trotzdem hat es bei den Texten nicht Klick gemacht. Vielmehr sehe ich darin höchstens erfüllt, was die Songs aller grossen Künstlerinnen und Künstler längst tun: Gefühle vermitteln, die Nähe schaffen und tief berühren können.

Langweilig vom Toast bis zum Outfit

Überzeugt ein Popstar weder mit der Musik noch mit den Songtexten, packt er zumindest mit seiner Ausstrahlung, Persönlichkeit oder Extravaganz. Aber auch hier habe ich bisher nicht den kleinsten Swift-Flash erlebt.

Swift ist glatt, ohne Ecken und Kanten. Popstars, die in Glitzerbodys auf der Bühne performen, gab es schon zur Genüge. Aufgeregt berichtete die Off-Stimme einer Doku über sie, dass Swift morgens nach dem Erwachen in einer ihrer Villen nicht etwa zur Kaffeetasse greife oder direkt Sport mache. Nein – und jetzt kommt es: «Sie nimmt sich stattdessen immer erst einmal ausgiebig Zeit, um mit ihren Katzen zu spielen und zu schmusen.» Auch erfährt man darin, dass ihr Lieblingsfrühstück Toast und Tee ist. Auf dem Boden gebliebene Stars in allen Ehren, aber solche Details finde ich nicht einmal so langweilig, dass sie bei einem Weltstar wieder spannend sind.

Meine Versuche, die Faszination für Taylor Swift zu verstehen, sind gescheitert. Trotzdem kann ich dem Hype viel Positives abgewinnen. Weichgespülte Songs hin oder her: Diese Frau schafft es, eine Stadt in Zeiten von Kriegen, Naturkatastrophen und Unsicherheiten für ein paar Tage in eine glatt polierte Welt zu verwandeln. Am Dienstag und Mittwoch wird die 34-Jährige Massen von Menschen in einen kollektiven Freudentaumel versetzen – und das in einem bisherigen «Cruel Sommer» voller Regen und Wolken.

Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 9. Juli 2024 04:45
aktualisiert: 9. Juli 2024 04:45