Quelle: Ehrengäste äussern sich über das Sechseläuten / TalkTäglich / 15. April 2024
Zürcher Zünfte verraten, auf welche Persönlichkeiten sie stehen
Die Mitgliedschaft in einer Zunft ist Familiensache. Auch am diesjährigen Sechseläuten marschierten aber Personen mit, die in keine Zunft hineingeboren wurden. Gemeint sind die rund 130 Ehrengäste (siehe Video oben). Einige Zünfte haben verraten, wie man zu dieser Ehre kommt.
Zunft zu Wiedikon
So wird man Ehrengast: Die Zunft zu Wiedikon bestimmt ihre Ehrengäste abhängig vom Gastkanton, eigenen Kontakten und allgemeinen gesellschaftlichen Themen.
Verpflichtungen: Die Ehrengäste mussten laut Zunftmeister Felix Blumer eine «launische» Rede halten.
Darum war Albert Rösti ein Ehrengast: Die Zunft zu Wiedikon lud unter anderem SVP-Bundesrat Albert Rösti als Ehrengast ein. «Weil wir schon seit 15 Jahren keinen Bundesrat mehr zu Besuch hatten, und ich in diesem Jahr mein letztes Sechseläuten als Zunftmeister hatte», sagt Felix Blumer. Der Zunftmeister ist Meteorologe. Da er SRF-Mitarbeiter und promovierter Naturwissenschaftler sei, habe es sich aufgedrängt, den Chef des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) einzuladen.
Das verbindet den Berner Bundesrat mit dem Sechseläuten: «Das Sechseläuten ist ein Anlass mit langer und stolzer Tradition. Es ist auch ein Anlass, an dem sich Gastkantone präsentieren dürfen, so wie Appenzell Ausserrhoden in diesem Jahr. Diese Gastfreundschaft passt zu Zürich», sagt Albert Rösti auf Anfrage.
Gesellschaft zur Constaffel
So wird man Ehrengast: Bei der Gesellschaft zur Constaffel bestimmt die Vorsteherschaft die Ehrengäste. «Eingeladen werden Persönlichkeiten, die sich für eine Sache verdient gemacht haben», sagt Constaffelherr Christoph Nater. Als Beispiel erwähnt er einen Dienst an die Gemeinschaft, herausragende Leistungen im Sport oder Beruf. Auch könnten die Ehrengäste «einfach eine interessante Persönlichkeit» sein.
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.
Die Gesellschaft ist laut Nater seit jeher eng verbunden mit den Zürcher Bildungsinstitutionen, der Universität Zürich und der ETH. «Entsprechend sind die entsprechenden Rektoren ständige Ehrengäste bei unserer Gesellschaft.»
Verpflichtungen: Die Ehrengäste sollten das Zürcher Frühlingsfest geniessen, sagt Christoph Nater. «Eine Verpflichtung haben die Ehrengäste nicht – begrüsst wird jedoch, wenn die Ehrengäste eine Rede halten.» Diese dürfe durchaus etwas launig sein – aber auch ernste Teile beinhalten.
Darum war Thomas Süssli ein Ehrengast: «Korpskommandant Thomas Süssli engagiert sich für die Schweiz und setzt sich für unsere Armee ein», sagt Christoph Nater. «Mit der Einladung von Korpskommandant Süssli würdigen wir auch das Milizprinzip, das mir persönlich sehr am Herzen liegt.»
Das verbindet den Luzener Armeechef mit dem Sechseläuten: «Das Sechseläuten bedeutet mir viel, bin ich doch in Feldmeilen geboren und in Küsnacht und der Stadt Zürich aufgewachsen», sagt Thomas Süssli zu ZüriToday. «Es ist für mich auch ein Tag, an dem Traditionen gepflegt werden, was ich schön finde. Deshalb habe ich mich sehr über die Einladung gefreut.»
Zunft zur Letzi
So wird man Ehrengast: Die Bestimmung der Ehrengäste sei «eine der diskretionären Kernaufgaben des Zunftmeisters», sagt Statthalter Remo Rosenau. Dementsprechend werde dies auch in jeder Zunft unterschiedlich gehandhabt. «Bei uns wird in der Regel ein Ehrengast aus dem Gastkanton ausgewählt, die anderen kann der Zunftmeister recht frei wählen.» Gute Chancen, Ehrengast zu werden, bestehen auch, wenn die Zunft die Person als unterhaltsame Rednerin oder unterhaltsamen Redner vermutet «mit der gleichzeitigen Fähigkeit, auch interessante Inhalte transportieren zu können».
Verpflichtungen: Die Ehrengäste sollen auf der Stube eine Rede von sieben bis zehn Minuten halten. «Diese kann gerne auch etwas humorvoll sein», sagt Remo Rosenau. Auf freiwilliger Basis dürfe für die Einladung ein Gegengeschenk ausgesprochen werden. «Oft eine physische Gegeneinladung zu einem Besuch im Zusammenhang mit der Hauptdomäne des Ehrengastes.»
Darum waren Kabarettist René Rindlisbacher und Alt-Bundesrat Hans-Rudolf Merz Ehrengäste: «Alt-Bundesrat Merz vertritt zum Beispiel den Gastkanton Appenzell Ausserrhoden und beide Ehrengäste erfüllen auch die zwei anderen Kriterien», sagt Remo Rosenau.
Wiederholte Ehrengäste schwärmen
Von den Persönlichkeiten waren manche nicht das erste Mal als Ehrengäste eingeladen. FDP-Ständerat Thierry Burkart lief bei der Zunft zur Schiffleuten mit. 2023 war der Parteipräsident bereits Ehrengast bei der Zunft Fluntern. Der Aargauer bezeichnet das Sechseläuten gegenüber ZüriToday als sehr schöne Tradition, die er gerne miterlebt. «Ich habe mich daher gefreut, dass ich als Ehrengast dabei sein durfte.»
Dass er würzige Reden schwingen kann, dürfte der Vertreter aus dem Kanton der Badenfahrt im «TalkTäglich» bewiesen haben. Er lobte das Sechseläuten als wunderschönes Fest und stichelte: «Dass ein solches Fest in Zürich stattfindet, finde ich überraschend.»
Auch seine Zürcher Parteikollegin Regine Sauter erlebte nicht ihr erstes Sechseläuten als Ehrengast. 2023 lud die Zunft zum Kämbel die Nationalrätin ein, dieses Jahr die Zunft zur Meisen.
Sauter schwärmt vom Sechseläuten als «grosses, fröhliches und offenes Volksfest». Das Fest stehe für Tradition und Volkskultur, aber auch für grosses persönliches Engagement. «Es ist wichtig, dass wir unserer Kultur Sorge tragen und sie auch pflegen. Deshalb bin ich gerne dabei und habe mich auch sehr über die Einladung der Zunft zur Meisen gefreut.» Sie merkt an, dass die Zunft zur Meisen die erste sei, die auch Frauen aufnehme. «Zudem finden sich in ihr viele liberal denkende Menschen. Ich passe deshalb sehr gut in ihre Reihen.»
Ein wiederholter Ehrengast ist auch der Zürcher Zoodirektor Severin Dressen. Am Montag lief er zum dritten Mal beim Umzug mit, bei der Zunft zum Kämbel. 2023 war er Ehrengast der Gesellschaft zur Constaffel und 2022 der Zunft zur Meisen. Seine Motivation begründet er wie folgt: «Es ist immer wieder sehr eindrücklich, so viele Menschen beim Zelebrieren einer jahrhundertealten Tradition quasi aus erster Reihe erleben zu dürfen. Es zeigt, wie sehr sich die Zürcher Gesellschaft mit ihrer Stadt identifiziert.»