«Nein, ich habe keine Angst vor der völligen Blindheit»
Marco Melchior (77) aus Reiden im Kanton Luzern hat mehrere körperliche Schicksalsschläge erlitten. Schon als Kind konnte er schlecht sehen. Erst später erhielt er die Diagnose Retinitis pigmentosa, eine vererbbare Augenkrankheit, bei welcher Betroffene ihr Augenlicht verlieren. Richtig ausgebrochen sei die Krankheit aber erst mit rund 60 Jahren. Heute ist Marco Melchior auf dem rechten Auge gänzlich blind, auf dem linken hat er den sogenannten Tunnelblick. Er sieht noch rund 3 bis 4 Prozent. Aufgrund seines Alters hört Marco Melchior nicht mehr gut und als wäre dies nicht schon genug, verlor er bei einer Tumoroperation am Gehirn auch noch einen grossen Teil seines Geschmacksinns. Zusätzlich zu seinem hohen Alter ist er – auch aufgrund einer momentanen Krebstherapie – ein Corona-Risikopatient.
«Ich pflege mein Kochhobby in diesen Zeiten, bin am Ausmisten und mache Sport»
Wie erlebt er die Zeit in der Quarantäne? Fällt ihm die Decke auf den Kopf? «Im Gegenteil! Klar, musste ich meinen Alltag umstrukturieren aber nebst vielen Telefonaten mit Gleichgesinnten, pflege ich mein Kochhobby, miste mein Büro aus und mache jeden Tag eine halbe Stunde Sport», erklärt er Céline mit seiner fröhlichen und aufgeweckten Stimme. «Kochen ohne Geschmacksinn?», hakt Céline nach, «Ja, das geht. Ich schmecke, wie salzig, süss oder bitter etwas ist». Es ist nicht das letze Mal, dass Céline während dieses Gesprächs ins Staunen kommt.
In der Schweiz leben rund 377'000 Menschen mit einer Sehbehinderung, Blindheit oder Hörsehbehinderung – das sind weitaus mehr als bisher angenommen
Marco Melchior ist einer von rund 377'000 Menschen in der Schweiz, die mit einer Sehbehinderung, Blindheit oder Hörsehbehinderung leben. Herr Melchior hilft Gleichgesinnten, indem er ihnen erzählt, wie er mit seiner Situation umgeht. «Zudem ist der Schweizerische Zentralverein für das Blindenwesen auch in dieser Zeit unterstützend für uns da», erklärt er.
Wie schafft es Marco Melchior trotz allem seine Positivität und seinen enormen Willen tagtäglich beizubehalten? Wieso hat er keine Angst vor der völligen Verblindung? Céline staunte über Marco Melchiors zackige und wache Art, seinen Humor und seinen Willen: «Von ihm können wir uns alle eine grosse Scheibe abschneiden.»